Lieber Rocky, Du Flauschekater,

heute war es dann soweit: Wir mussten der Vernunft und der Liebe zu Dir gehorchen und Dich erlösen. Alles andere wäre für Dich belastend und Dir nicht zumutbar gewesen. Dabei konnten wir Dir doch noch einige Monate mehr Leben schenken, als nach der Diagnose des inoperablen Tumors im letzten Oktober erwartbar war.

Im Mai 2012 kamst Du mit Deiner Schwester Maggie als „Jumper“ zu uns und hast schon bei der Erkundung unseres Hauses, in dem Ihr bis heute nicht eine Nacht alleine sein musstet, Deinem Namen alle Ehre gemacht. Schränke waren kein Problem; alles, was hoch war, war für Dich interessant.

Du warst mit einer unbändigen Neugier ausgestattet. Egal, welches Geräusch zu hören war, egal, wo es blitzte, Du musstest im Galopp dahin und nachsehen. Dein unermüdlicher und stets wacher Forschergeist hat alles erschnüffelt und olfaktorisch begutachtet.

Nur ein einziges Mal hast Du Dich in diesen gut zwölf Jahren über mich aufgeregt und tatsächlich angefaucht, ansonsten warst Du ein unfassbar lieber, zutraulicher und treuer Wegbegleiter. Selbst wenn Dir das manchmal notwendige Schneiden der Krallen nicht behagte, kamst Du im Anschluss zum Schmusen auf meinen Schoß. Auch wenn Du „keine Lust“ zu Tierarzt-Besuchen hattest, bist Du friedlich mitgekommen und hast danach regelmäßig lange Schmuseeinheiten eingefordert (und selbstverständlich erhalten). Beleidigt zurückgezogen hast Du Dich nie, auf mich böse zu sein war sowieso nicht Deins.

Mit Maggie warst Du da, wo ich war. Tagsüber am Schreibtisch hast Du Deine (in Stärke und Dauer intensiven) Fellkrauleinheiten abgeholt, wenn Du das wolltest. War ich gerade anderweitig beschäftigt, hast Du Dich quer auf den Schreibtisch gelegt und diesen frech blockiert.
Beim Fernsehen hast Du mitgeschaut und seltsame Tiere bestaunt, im Keller hast Du meine Bastelarbeiten begleitet und Dich bestimmt gefragt, was ich denn nun schon wieder für Euch baue. Und wenn wir im Wintergarten lagen, habt Ihr dort den für Euch aufgestellten großen, echten Baumstamm beklettert. Gestern Abend hatte ich Dich dort hingetragen, Du hast entspannt und interessiert dem Sonnenuntergang zugeschaut.

Lag ich mal kopfschmerzgeplagt darnieder, hast Du Dich neben meinen Kopf auf das Kissen gelegt und mit Deinem tiefen, gleichmäßig rhythmischen Schnurren die bösen Geister aus meinem Kopf vertrieben. Jetzt bleibt das nur noch Maggie vorbehalten.

Dir haben wir all die Jahre einen Artgenossen gewünscht, die Deine Schmuserei erwidert hätte. Aber Maggie war davon bis zum Schluss nicht angetan und hat Dich trotz all Deiner freundlichen Annäherungsversuche weggefaucht. Schade.

Dein Bauchfell war das Weichste, was ich jemals angefasst habe. Unfassbar flauschig, weich, angenehm. Dass man Katzen nicht am Bauch kraulen solle, war Dir sowas von egal und Du hast auch dort unsere Streicheleinheiten tief und zufrieden schnurrend genossen.

Es hat uns leid und weh getan, in den letzten Wochen Deinen langsamen körperlichen Verfall zu beobachten und mitzuerleben. Die Sprünge wurden kürzer und unsicherer, Dein Gang war manchmal wackelig. Schmerzen hattest Du keine, so wurde uns von den Tierärztinnen versichert. Eine Chemotherapie haben wir Dir aus verschiedenen Gründen erspart und Dir Deinen zunehmend kleineren Aktionsradius verschönt. Der bestand zuletzt fast nur noch aus der großzügig verbreiterten und weich gepolsterten Schlafzimmer-Fensterbank mit Rampe zur Toilette. Du hast weiterhin mit Appetit gefressen, aber so nach und nach Deine Körperpflege vernachlässigt. Dein Fell wurde trotz des Bürstens struppig und nach jedem Toilettengang musste ich Dich säubern, weil Du es nicht mehr wolltest.

Was Du Dir nicht nehmen ließt – auch gestern Abend nicht –, war Dein allabendlicher Gute-Nacht-Besuch, den Du Dir vor einiger Zeit angewöhnt hattest. Kaum lag ich im Bett, hast Du zuerst kurz gekeckert, dann nach kurzem Zögern den kurzen Sprung vom Fensterbrett gewagt um Dich schnurrend für einige Minuten auf meinen Bauch zu legen, es Dir anschließend neben meinen Kopf auf dem Kissen weiterhin schnurrend gemütlich gemacht um dann auf die Fensterbank zurückzukehren und Dich dort einzurollen und zu schlafen. Und (ausgerechnet?) heute Nacht hast Du das ganze jeweils um halb vier und nach fünf Uhr zum Abschied wiederholt. Wie werde ich das schon heute Abend vermissen - selbst wenn Dein Schnurren an den letzten Abenden schon leiser, weniger kraftvoll geworden war.

Zuletzt wurdest Du immer schwächer, und wir wussten, dass der Zeitpunkt, Dich gehen zu lassen, ganz nahe war. Nachdem Du das Fressen nahezu eingestellt hast, haben wir uns entschlossen, Dich – in enger Abstimmung mit den Tierärztinnen – nun zu erlösen.
Gestern bin ich mit Dir im Haus herumgegangen, um Dir alles noch einmal zu zeigen, habe Dir erklärt, was Du da und dort alles gemacht hast. An all Deinen Lieblingsorten wurden Deine Augen groß und Du hast die Ohren aufgestellt – Du hast Dich erinnert und Dich bestimmt über diese Rundreise gewundert.
Dich dann vorhin in die Transportbox zu geleiten und Dich, meinen Lieblingskater, ein letztes Mal bewusst zur schon wartenden Tierärztin zu fahren, habe ich gehasst wie vielleicht nichts in meinem Leben zuvor. Gesehen habe ich vor lauter Tränen fast nichts.

Rocky, Du Flauschekater, über viele Jahre warst Du ein Mitglied unserer Familie und hast uns – trotz machen Schabernacks – unendlich viel Freude bereitet und unser Leben unvorstellbar bereichert. Deines ist nun zu Ende gegangen – es gab keine Alternative.


Wir werden Dich nie vergessen, Du wirst immer einen Platz in unseren Herzen behalten!